Eingekesselt zwischen zwei Straßen und einem industriegebiet und von Bäumen und Brombeersträuchern verdeckt, liegen die Überreste der deutsch-niederländischen Luftfahrtgeschichte, die über 110 Jahre zurückreicht. Der legendäre Flugzeugbauer und talentierte Pilot, Anton Fokker hatte hier auf dem Flugplatz Schwerin Görries einer seiner wichtigsten Test- und Produktionsstätten aufgebaut und legendäre Flugzeuge wie die Fokker D.VI, Fokker Dr.I und Fokker D.VII produziert.

Die AHG Fokker Aeroplanbau

Geboren 1890 auf eine Kaffeeplantage in der Niederländischen Kolonie Java, wuchs Anton Fokker seit seinem vierten Lebensjahr in den Niederlanden auf. Im Alter von 20 Jahren plante Anton zunächst einen Automobilbaukurs an der Ingenieurschule in Bingen, Deutschland, zu besuchen, änderte jedoch seine Meinung und schrieb sich stattdessen in einen Kurs für Flugzeugbau in Zahlbach, Deutschland, ein. Hier, mit finanzieller Unterstützung seines Vaters und seines Freundes Oberleutnant Franz von Daum, beauftragte er die Goedecker Flugmaschinenwerken mit dem Bau seines ersten Flugzeugs – der Fokker Spinne”. Mit diesem Flugzeug erwarb Fokker am 7. Juni 1911 seinen Pilotenschein (Nr. 88).

Dutch pioneer in aviaton Anthony Fokker sitting in “the Spider”, his first aircraft. Approximately 1911

Da es zu der Zeit in den Niederlanden kein wirkliches Interesse an der Luftfahrt gab, entschied sich Fokker, in Deutschland zu bleiben und gründete 1912 die AHG Fokker Aeroplanbau in Berlin-Johannisthal. Es sollte nicht überraschen, dass Fokker sich speziell für Johannisthal entschieden hatte, da es der zweitältesten Flughafen in Deutschland war (eröffnet 1909) und er in der Reichshauptstadt potenziellen Zugang zu Piloten und militärischen Verträgen haben würde.

Origins of the Flugplatz Schwerin-Görries

Die interesse an der Luftfahrt wuchs in den frühen 1910er Jahren in Deutschland stetig Um das öffentliche Interesse zu steigern, wurde 1911 der “Deutschlandflug” ins Leben gerufen. Es war im Wesentlichen das erste deutsche Flugrennen mit 17 Stopps in ganz Deutschland, das in Berlin Johannisthal begann und endete. 24 Piloten hatten sich für die Veranstaltung angemeldet, bei der Preise im Wert von über 450.000 Mark zu gewinnen waren. Die Berliner Behörden hatten geschätzt, dass etwa 100.000 Menschen zu dem Spektakel kommen würden – aber wie es so mit öffentlichen Veranstaltungen in Berlin halt ist, kamen über 600.000 Menschen.

Route of the first Deutschlandflug in 1911

Eine der Städte auf der 17-Städte Tour des Deutschlandflugs war Schwerin, was die örtlichen Behörden dazu veranlasste, (nach der Zour) ihren eigenen Flughafen zu errichten. Die „Mecklenburgische Flugplatz-Gesellschaft Görries-Schwerin mbH“ wurde Ende 1912 gegründet, und Anfang 1913 war das gewünschte Gelände geebnet, und man errichtet schnell eine Tribüne, ein Restaurant und ein Flugzeughangar. Die Gesellschaft begannen Verhandlungen mit verschiedenen Flugzeugherstellern, die sich auf dem neu eröffneten Flughafen niederlassen sollten, und im März 1913 hatte Anton Fokker zugestimmt, Berlin zu verlassen und eine Flugschule in Schwerin Görries zu eröffnen.

Natürlich hat Fokker nicht nur eine Flugschule eröffnet, sondern auch seine gesamte Produktionslinie mitgebracht. Die Stadt Schwerin errichtete 1913 einen Hangar für ihn (die Fokker Flugzeugwerke) entlang des Schweriner Sees, die zunächst für Endmontage von Wasserflugzeugen gedacht war. Eine weitere Werkshalle wurde 1915 direkt nebenan gebaut. Man sollte auch, dass das mit dem Bau beauftragt unternehmen – Thiedes Flugzeugfabriken und Hallenbau – es schaffte eine komplet stützenlosen Halle zu bauen.

Flugplatz Schwerin Görries 1914 – 1927

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs erhöhte Fokker die Produktion seiner Flugzeuge für das Deutsche Reich. Der Produktionsstandort in Schwerin stellte etwa 3.400 Flugzeuge für das deutsche Militär her, darunter auch die Fokker DR.I – das durch Richthofen und seinem Fliegendem Zirkus weltweit berühmt wurde, sowie die Fokker D.VII, das als eines, wenn nicht das beste Kampfflugzeug des Krieges galt. Fokkers Produktionsstätten wuchsen und erweiterte sich kontinuierlich und er beschäftigte insgesamt über 6.000 Personen, von denen allein 1.800 in Schwerin arbeiteten. Natürlich verdiente Fokker auch eine beträchtliche Summe, indem er neue Offiziere ausbildete, um seine Maschinen zu fliegen – er erhielt 7.000 Mark für jeden Offizier, der die Flugprüfung erfolgreich bestand.

Großherzog Friedrich Franz IV. von Mecklenburg-Schwerin verleiht Fokker auf dem Flugplatz Görries das Mecklenburgische Verdienstkreuz (Februar 1916)

Fokker benötigte Experten für seine Produktionsstätten, daher investierte er in Klavierhersteller, um Zugang zu Holzspezialisten zu erhalten, kaufte große Anteile an einer Motorenfabrik, um Rotationsmotoren für seine Flugzeuge herzustellen, und heuerte erfahrene Konstrukteure und Ingenieure an, um seine Flugzeuge zu bauen. Es ist erwähnenswert, dass Fokker zwar den Ruhm für all seine Erfindungen beanspruchte, aber in vielen Fällen waren es tatsächlich seine Mitarbeiter, die hinter den Errungenschaften steckten.

Eine der bekanntesten Erfindungen Fokkers war ein “Synchronisationsmechanismus”, das es seinen Flugzeugen ermöglichte, durch den drehenden Propeller zu schießen. Fokker wurde die Erfindung zugeschrieben, obwohl er tatsächlich wenig mit der entwicklung oder verbesserung des Mechanismus zu tun hatte. Es waren jedoch Fokkers Mitarbeiter, die den Synchronisationsmechanismus weiterentwickelten und so den Deutschen einen erheblichen Vorteil im Luftkrieg verschaften. Nach dem Krieg wurde er von Franz Schneider wegen Patentdiebstahls verklagt und verurteilt, aber Fokker war zu diesem Zeitpunkt bereits in die USA geflohen und entging der Strafverfolgung.

Obwohl er Niederländischer Staatsbürger war, erhielt Anton Fokker auf Anordnung des deutschen Oberkommandos an seinem 25. Geburtstag im Jahr 1915 die deutsche Staatsbürgerschaft. Im selben Jahr erhielt er auch das Eiserne Kreuz und ein Jahr später das Mecklenburgische Verdienstkreuz.

flughafen tower vorderseite flugplatz schwerin görries mecklenburg vorpommern lost places

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs verbot der Vertrag von Versailles den Deutschen den Bau von Flugzeugen oder Flugzeugmotoren. Da Fokker seine Flugzeuge in Deutschland nicht mehr legal produzieren durfte, verpackte er die gesamte Produktionsanlage in Schwerin innerhalb von sechs Wochen ein – sowie eine große Anzahl von Flugzeugen, die von den Deutschen “zurückgelassen wurden” und verfrachtete sie per Zug zurück in die Niederlande, um eine neue Fabrik in der Nähe von Amsterdam zu errichten.

treaty of versailles german propaganda
Deutsche Propaganda circa 1923

Seine überstürzte Abreise aus Deutschland war wahrscheinlich auch darauf zurückzuführen, dass er hohe Steuerschulden beim deutschen Staat hatte. Der Großteil der Flugzeuge, die er erfolgreich rausgeschmuggelt hatte – bildeten bis zum ausbruch des Zweiten Weltkrieges einen großen Teil der Niederländischen Luftstreitkräfte.

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde eine Polizeifliegerstaffel auf dem Flugplatz Schwerin-Görries stationiert. Laut dem Versailler Vertrag mussten alle militärischen Einheiten bis Februar 1921 vom Flugplatz Schwerin Görries abgezogen werden, und mehrere Flugzeughangar wurden abgerissen. Die verbliebenen Hangar mussten so umgebaut werden, dass sie nicht mehr als Flugzeughangars genutzt werden konnten. Auf dem Gelände wurde dann später ein Flüchtlingslager errichtet, und das, was von dem Fliegerhorst übrig geblieben war, verfiel.

Trotz alledem wurde Schwerin Görries als Notlandeplatz eingestuft, was es davor bewahrte, vollständig abgerissen zu werden. Im Jahr 1925 gab es einen kurzen Versuch, den Flugplatz wiederzubeleben, als eine kleine Fluggesellschaft gegründet wurde, um Flüge von Hamburg über Schwerin nach Stettin anzubieten. Die Flüge wurden jedoch nach kurzer Zeit wieder eingestellt da die Betriebskosten zu hoch waren.

Flugplatz Schwerin Görries 1930 – 1945

Im Jahr 1932 wurde der Flugplatz Schwerin Görries von der Deutschen Verkehrsfliegerschule als ziviler Flughafen reaktiviert. Trotz ihres Namens handelte es sich bei der DVS tatsächlich um eine militärische Tarnorganisation, die Piloten für Militarischce Zwecke ausbildete. Diese Flugschulen entstanden überall in Deutschland und bildeten Piloten für die Reichsmarine und Reichsheer aus. Die DVS kaufte 1934 den Flugplatz Schwerin Görries von der Stadt Schwerin und begann sofort mit Umbau- und Erweiterungsarbeiten (im selben Jahr wurde auch die Fliegergruppe Schwerin gegründet).

Die DVS riss den Großteil der älteren Gebäude ab und baute eine neue Landebahn, Hangars, Kasernen, Munitionsbunker und Waffentestanlagen, eine Feuerwache, eine medizinische Einrichtung und eine Flugzeugwartungsanlage. Der Flugplatz Schwerin Görries nahm seine militärische Aktivität offiziell im Jahr 1935 wieder auf. Die Fliegergruppe Schwerin, wurde am 1. April 1935 als Sturzkampfgeschwader Schwerin umbenannt, nur um später als Sturzkampfgeschwader 162 “Immelmann” wieder umbenannt zu werden.

Wie so viele andere deutsche Flugplätze war der Flugplatz Schwerin Görries zwischen 1936 und 1945 fast durchgehend mit operativen und Ausbildungseinheiten der Luftwaffe besetzt. Die wohl bekanntesten Einheiten die hier stationiert waren, war das dem Jagdgeschwader 5, Jagdgeschwader 54 und Kampfgeschwader 26.

Im Jahr 1944 verlagerte die Norddeutsche Dornier-Werke (eine Tochtergesellschaft der Dornier-Werke-GmbH) einige ihrer Produktionsanlagen nach Schwerin Görries, wo sowohl die Focke-Wulf Fw 190 als auch die Fw 200 montiert und getestet wurden. Schwerin Görries wurde im August 1944 sowie im April 1945 von den Briten und Amerikanern bombardiert, wobei die Mehrheit der Einrichtungen schwere Schäden erlitt.

Die letzte Einheit, die in Schwerin Görries stationiert war, war das II. / Jagdgeschwader 27, das am 13. April 1945 versetzt wurde. Der Fliegerhorst wurde am 30. April 1945 evakuiert, und Amerikanische Truppen übernahmen das Gelände kampflos. Obwohl US-Truppen die Stadt Schwerin erobert hatten, wurde die Stadt und der Flugplatz am 1. Juli 1945 an die Sowjets übergeben (da Meck. Pomm. in der zukünftigen SBZ lag).

Flugplatz Schwerin Görries 1945 – 1993

Nachdem die Amerikaner den Flugplatz Schwerin Görries an die Sowjets übergeben hatten, zogen ihre Truppen in die ehemaligen Luftwaffenkasernen ein. Anders als bei anderen eroberten oder besetzten Flugplätzen schienen die Sowjets keine Verwendung für einen weiteren Flugplatz zu haben und rissen die Landebahn ab, behielten jedoch einige der anderen Gebäude. Schwerin hatte Dutzende Wehrmachtseinrichtungen/Kasernen, und nach dem Krieg besetzten die Sowjet Armee über 19 verschiedene Anlagen in und um die Stadt (auf einer Fläche von über 1000 Hektar)

Mitte der 1950er Jahre wurde ein großer Teil dessen, was einmal der Flugplatz war, an die Stadt zurückgegeben und in eine Agrarfläche/Industriegebiet umgewandelt, das sich bis Mitte der 1960er Jahre kontinuierlich ausdehnte.

Einige Quellen behaupten das die Sowjetarmee in Schwerin Görries eine FlaRak Einheit stationierte (wir konnten hierzu keine genaueren Quellen finden) – aber was sicher ist, ist das das Gelände bis 1991 als Depot genutzt wurde. Am 28. April 1993 zogen die GUS Einheiten aus Schwerin richtung ehemalige Sowjetunion ab, und der Flugplatz Schwerin Görries würde der Stadt übergeben.

Flugplatz Schwerin Görries Video

Wir haben ein sehr kurzes Video vom Flugplatz Schwerin-Görries erstellt, obwohl es nicht allzu viel zu sehen gab. Wir hätten gerne einige Drohnenaufnahmen gemacht, aber es war recht windig, und es begann auch zu regnen – deswegen gibt es nur ein paar innenaufnahmen.

Flugplatz Schwerin Görries Today (2023)

Von dem, was einst der Flugplatz Schwerin Görries war, ist nur sehr wenig übrig geblieben. Von den 10 Flugzeughangars haben nur 2 bis heute überlebt. Zwischen den Hangars befindet sich die leere Hülle der Leitstelle mit kleinem Tower. Alle anderen Gebäude wurden über die Jahre inzwischen. Das Grundstück stand Anfang der 2000er Jahre zum Verkauf, und es scheint, dass ein Investor aus Köln es im Jahr 2019 erworben hat, um das Grundstück “wiederzubeleben”.

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Schwerin beschloss, die verbleibenden Gebäuden unter Denkmalschutz zu Stellen – was die wiederbelebung des Objektes nicht gerade erleichtern wird. Es scheint jedoch auch, dass der derzeitige Eigentümer keine Eile hat, den Turm oder die Hangars zu sichern oder zu erhalten. Es hilft sicherlich auch nicht, dass der Boden immer noch möglicherweise mit Munition belastet sein könnte, und man munkelt auch das die Gebäude mit Chemikalien und anderen Schadstoffen belastet sein könnten.

flughafen tower seite flugplatz schwerin görries mecklenburg vorpommern lost places

Während die Stadt wahrscheinlich richtig lag mit der Entscheidung die Gebäude unter Denkmalschutz zu stellen – können wir die Begründung nicht ganz nachvollziehen. Der Denkmalschutz wurde unter der Begründung verliehen die langjährige und geschichtsträchtige Luftfahrtgeschichte des Flugplatzes Schwerin Görries zu erhalten, insbesondere in Verbindung mit Anton Fokker.

Keines der Gebäude in Schwerin Görries stammt aus einer Zeit vor 1935 und hat eine Verbindung zu Fokker. Die gebäude wurden schon vor zig Jahren abgerissen. Zum Glück sind aber noch zwei der Fokker Flugzeugwerke Hallen am Schweriner See erhalten, und stehen ebenfalls unter Denkmalschutz. Die größere der Werkshallen wird jetzt von einem Angelverein gepachtet, und die zweite Halle ist jetzt ein Cafe auf einem Campingplatz. Beide können zumindest gut von außen besichtigt werden.

Flugplatz Schwerin Görries Adresse

Zeppelinstraße
19061 Schwerin
53.612882, 11.375823

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